Zwischen Himmel und unten
 
Eine Installation und ein Video im Rahmen des bundesweiten Projektes HEIMAT KUNST nach einer Idee des Hauses der Kulturen der Welt Berlin - Akademisches Kunstmuseum Bonn und Himmel über Köln und Bonn - 2000
Konzept: Babak Saed
Piloten: Paul Mousson + Jürgen Unterberg
Kameras
: Oliver Beckert + Jens Schröder
Schnitt: Badri Shahlawandian
Laufzeit: 00:05:20/Farbe (Digi BetaSP / DVD)
von Carl Friedrich Schröer

"Babak Saeds Heimat-Begriff geht aus dem Dialog hervor. Als Künstler geht er eine besondere Zwiesprache mit dem ihm umgebenden Fremden ein, indem er dessen Sprache wählt, sie spricht und in einer besonderen Manipulation und Verfremdung antwortet. Sprache ist für den Künstler das Medium, das die kulturelle Identität eines Landes konstituiert und genau an diesen Nukleus einer nationalen Selbstverständigung knüpft sich sein künstlerisches Interesse. Saeds Medium ist die deutsche Sprache, die Sprache seines Gastlandes, die er im Alter von 14 Jahren neu erlernt hat. Durch wenige, auf nur drei strukturellen Veränderungen basierende Abweichungen vom grammatikalisch einwandfreien Deutsch erreicht er eine besondere Beachtung und Aufmerksamkeit für sein Werk. Babak Saed hat eine Art Hybridsprache entwickelt: WORT-AN-WORT. Aus drei Bedingungen konstituiert sie sich: Versalien, keine Interpunktion, keine Zwischenräume. Allein durch diese wenigen Änderungen der deutschen Sprache schafft er eine neue Aufmerksamkeit für das Geschriebene, das wir entziffern wollen.

Auf einer konkaven Wand steht inmitten der antiken Figuren in Saeds WORT-AN-WORT-Sprache die Frage: KENNENSIEMICHGENAUVERSTEHEN. Ein Farbklecks wie von Farbbeutel überziehen die Buchstaben und deuten auf ein Aggressionspotential hin. Gewalt aber kommt auf, wo die verbale Verständigung keine Chance mehr hat.

Die Gipsgötter und -Göttinnen links und rechts neben der Schriftwand tragen rote Clownsnasen: keiner ist es gewesen. Eine stumme, anonyme Versammlung, die keineswegs zu erkennen gibt, ob sie je genau verstanden hat.

Am Tag der Eröffnung ließ Saed für zwei Stunden ein Flugzeug über die Städte Köln und Bonn kreisen, das ein Schriftband hinter sich her wehen ließ:
GEHDOCHDAHINWOICHHERKOMME, war in Saeds Eigendeutsch darauf zu lesen. Der Imperativ ist eine Umkehr des stereotypischen Satzes, den Fremde hierzulande immer noch häufig zu hören bekommen, sobald sie anecken: "Geh doch dahin, wo du herkommst!" Eine Videoaufzeichnung dieser Flugzeugaktion ist in der Ausstellung über Monitor präsent.

Sprache und Sprechen sind für den Künstler aus dem Nordosten des Iran bewußte, rationale Akte. Indem er spricht, teilt er sein Anliegen mit. Doch in einer künstlerischen Verfremdung setzt er der vertrauten Sprache eine Kunstsprache entgegen, eine spielerische Alternative, die auch als Befreiung von starren Regeln empfunden werden kann."

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Statuen + Schrift
Akademisches Kunstmuseum
Aufnahme vom 2. Flugzeug
Aufnahme von unten